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Burnout

Was ist Burnout eigentlich?

Ich vermute, dass es kaum noch Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die den Begriff Burnout nicht kennen. Aber was ist Burnout überhaupt? Werfen wir einen kleinen Blick auf dieses große Thema.

 

Jemand ist ausgebrannt, leer, hat keine Energie mehr...soweit haben wir alle ein Bild vor Augen, aber was bedeutet das denn genau?

 

Ein Burnout Syndrom entsteht nicht innerhalb von Wochen oder Monaten, sondern entwickelt sich schleichend eher über Jahre. Jahre, in denen wir unsere Belastungsgrenzen bewusst oder unbewusst immer wieder oder fortwährend überschreiten. Oftmals haben wir in einem der beiden großen Lebensbereiche, Arbeit und private Beziehungen, ein Ungleichgewicht. Gibt uns einer der beiden Bereiche mehr Energie als wir einsetzen müssen, kann der andere Bereich damit ausgeglichen werden. Spätestens wenn es zu mehr Energieverlust als Energiegewinn in beiden Bereichen kommt, läuft unser persönlicher Akku allmählich leer und das zeigt sich anhand vielfältiger Symptome.

 

Bis es zum endgültigen Zusammenbruch kommt, dauert es oft sehr lange, weil unser Körper und unsere Psyche stets versuchen ein Gleichgewicht (wieder)herzustellen. Und sie sind gut darin. Wir können lange ganz schön viel ab.

Wie lange kann ein Mensch z.B. Unmengen von Alkohol konsumieren bis seine Leber in die Kniee geht. Ist es nicht so, dass wir unseren Autos oftmals mehr Pflege angedeihen lassen als unserem Körper und unserer Seele? Wir sorgen für den richtigen Sprit, füllen Öl nach und bringen es in die Inspektion. Unserem Körper hingegen muten wir mitunter Nahrungsmittel zu, die diesen Namen nichtmal verdienen. Wir unterdrücken Kopfschmerzen mit Schmerztabletten und greifen zu "Rennie räumt den Magen auf", wenn unser Körper deutlich meldet, dass er die Nahrung nicht verträgt oder etwas nicht stimmt im Verdauungstrakt.

Das gilt bei weitem nicht für jeden, das ist mir bewusst, aber ich denke, dass ich damit schon eine weitverbreitete Einstellung zur Pflege des eigenen Körpers treffe, oder? Und wie viel kümmern wir uns um das Wohlbefinden unserer Psyche? Eher noch weniger, oder? Und wem ist klar, dass uns der Körper aufmerksam macht, wenn die Seele leidet?

 

Oftmals sind die Anforderungen an uns so immens hoch und die Möglichkeit sie herunter zu schrauben kaum bis gar nicht gegeben, dass uns fast nichts anderes übrig bleibt, als eine Tablette einzuwerfen, um weiter funktionieren zu können. Termindruck, finanzielle Verbindlichkeiten, fordernde Arbeitgeber, Erziehungsaufgaben UND der eigene Anspruch, allem möglichst gut (wenn nicht gar perfekt) gerecht zu werden. Wir sind eine Leistungsgesellschaft. Das Motto lautet "höher, weiter, schneller", komme was da wolle. Die rasante Entwicklung im technischen Bereich, der sich kaum jemand entziehen kann, tut ein Übriges.

 

Schon lange bringt der Anspruch nach immer mehr "Wachstum" Menschen an ihre Grenzen. Es sind zunächst eher feinfühlige Menschen, die sich in dieser "Ellenbogen Gesellschaft" nicht (mehr) zurechtfinden. Manche steigen aus und suchen bewusst nach alternativen Wegen, andere werden krank.

 

Symptome sind vielfältig und entwickeln sich schleichend. Schlaflosigkeit, kreisende Gedanken, Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwäche und Vergesslichkeit sind relativ häufig zu finden. Unspezifische körperliche Beschwerden wie Verdauungsstörungen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen, Hautirritationen und viele andere mehr können auftreten. Reizbarkeit, ein Verlust an Lebensfreude, Antriebslosigkeit und ständige Müdigkeit führen nach diagnostischem Ausschluss körperlicher Ursachen dann sehr häufig zu der Diagnose Depression.

 

Hier liegt meines Erachtens oftmals ein Irrtum vor. Die Depression gesellt sich infolge des zunehmenden Erschöpfungszustands und der daraus resultierenden Situation als sogenannte Co-Morbidität (Begleiterkrankung) hinzu, ist aber nicht Ursache des Krankheitsbildes. Menschen, die in einen Burnout Zustand geraten, sind eher diejenigen, die zuviel tun, die zuviel geben,  die zuviel helfen. Menschen mit Burnout Symptomatik muss man eher stoppen weiter zu "tun", um sich endlich zu erholen, wohingegen Menschen mit primärer Depression nicht ins "Tun" finden.

 

Natürlich ist ein Erschöpfungszustand keine erfreuliche Angelegenheit und kann schon sehr beängstigend sein, wenn man feststellt, dass es einem einfach nicht mehr gelingt seine Aufgaben so zu erledigen, wie man das von sich selbst erwartet. Das bewirkt die depressive Episode.

 

Wenn die zunehmende Erschöpfung fühlbar wird, werden oftmals zuerst die Freizeitaktivitäten reduziert und die Zeit zum Schlafen und Ausruhen genutzt. Das ist fatal, weil es Hobbies und soziale Kontakte sind, die einem Kraft geben und so ein bisschen Ausgleich schaffen könnten. Aber diese Aktivitäten zu reduzieren ist deutlich einfacher als die Arbeitszeit zu reduzieren, zumal die meisten Menschen wirtschaftlich von ihrem Einkommen abhängig sind. Der zweite Schritt besteht dennoch häufig in einer Reduzierung der Arbeitszeit. Wenn aber die ursächlichen Energiediebe nicht erkannt werden, ändert auch die Stundenreduzierung nichts am fortschreitenden Leistungsabfall bis es schlussendlich zu einem Totalausfall kommt.

 

Man kann einfach nicht mehr. Man sitzt im Büro und ist nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Man ist sprachlos oder bricht in Tränen aus. Man kann nicht mehr aufstehen und möchte sich nur noch die Decke über den Kopf ziehen. Das sind nur Beispiele für den Moment, indem ein Gang zum Arzt dann unausweichlich wird.

 

Burnout ist (bislang) keine anerkannte Krankheit, es gibt (noch) keinen Diagnoseschlüssel nach dem ICD 10 (dem International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems der WHO in der 10. Ausgabe) dafür. So bekommt man dann andere Diagnosen, wie z.B. Anpassungsstörung, Neurasthenie oder -und das am häufigsten- Depression, je nachdem welche Symptome vordergründig sind.

 

Kaum jemand schreit Hurra, wenn er eine psychiatrische Diagnose bekommt; somatische, also auf den Körper bezogene Diagnosen sind eher akzeptiert. Burnout klingt irgendwie angenehmer, da ja nur ausbrennen kann, wer vorher gebrannt hat. Man hat also bewiesen, dass man etwas geleistet hat. Das passt besser in diese Gesellschaft. So oder so, kommt nicht selten ein Gefühl der Scham auf, weil man ganz offensichtlich nicht mehr mithalten kann, man funktioniert nicht mehr.

 

Das geht inzwischen aber sooo vielen Menschen ähnlich....Tendenz stetig steigend ... und der Vorteil einer Diagnose ist die Anerkennung des Problems und somit der Schutz durch unser Gesundheitssystem und Zugang zu inzwischen wirklich vielen sehr guten Unterstützungsmöglichkeiten von  Psychotherapie, über Ergotherapie, medizinischen und beruflichen Rehamaßnahmen,  gesundheitsfördernden Kursen, Wiedereingliederungshilfe und natürlich Coaching 😉.

 

Sollten Sie sich hier wiederfinden, seien Sie gewiss, Sie sind bei weitem nicht alleine damit. Und Sie müssen diese Krise auch nicht alleine bewältigen!